Rezension Frühlingserwachen!, 20.03.2008

von Heavyhardes

Das Circus in Augsburg besticht durch seine private und ruhige Atmosphäre, die sympathische Bedienung, eine kleine, doch feine Bühne und die nötige Düsternis in den Räumlichkeiten. Anders gesagt: Wenn vor der "Bühne" 20 Leute stehen, dann ist der Platz schon mal gut gefüllt. Gefühlt waren an dem Abend aber doch wenigstens 80 oder 90 Leute an diesem schönen Gründonnerstagabend zusammengekommen (gezählt hab ich nicht und im Schätzen war ich noch nie gut), um Cumulo Nimbus ein wenig zu lauschen. Auf Grund der Verbundenheit zu alten Zeiten, in denen Rittersleut' durch die Gegend zogen und der Met noch nicht vom Bier verdrängt war als Grundalkoholika, erschienen einige der gaffenden Menge als entsprechendes Volk verkleidet. Da mussten viele Bettlaken dran glauben. Eröffnet wurde das Konzert von Orange Code, einer Alternative Rock-Combo aus Landsberg, die ihren Einstieg in den Abend durch interessante Radiobeiträge aus vergangenen Tagen - Nachrichten und solches Zeug - gestalteten. Mancher Gast hat da einen Moment gestockt. Kamen da ungewollte Klänge aus den Boxen? Hat ein fieser Radiosender das Konzert übernommen? Aber die Band blieb ruhig und damit auch das Publikum. Orange Code bieten eine sehr abwechslungsreiche Musik, die sich teilweise stark an RHCP orientiert, aber auch sehr eigenständige, teilweise sogar eigenwillige Kompositionen vorweist. Frontmann Stephan Alt dominiert das Bild mit seinem emotionalen Auftreten, dem kraftvollen Gesang und gelegentlichen Percussioneinlagen. Unterstützt wird er durch Marius Haupt an der Gitarre, bei Aufnahmen darf er auch das Piano bedienen, Tim Mair am Bass und Tobias Nagl am Schlagzeug. Schön waren auch die ersten Worte von Stephan, der die Band als den "Stilbruch des Abends" bezeichnete. Was zwar auch gestimmt, aber nicht geschadet hat. Denn der Auftritt war kraftvoll, unterhaltsam, die Lieder kamen gut rüber. Und zwei unterschiedliche Stile können dennoch zusammenpassen, wenn die Basis stimmt. Und Rock bleibt Rock. Vier Liter Schweiß später verabschiedeten sie sich und machten Platz für den Mainact des Abends. Cumulo Nimbus konnten sich bereits im lokalen Bereich und auch bei Festivals einen Namen machen durch ihre temperamentvolle Spielweise, schöne Lieder, die zum Mitgrölen einladen, und die sympathischen Musiker. Sie legten auch gleich gut los mit einer "Vogeley" und ihrem "Blumenmeer", dem mit "Wilder Reigen" das erste Stück folgte, dass nicht nur zum Tanzen einlädt, sondern eher die Beine automatisch bewegen lässt. An der Stelle sollte vielleicht auch mal ein Wort zum typischen Augschburger gesagt werden, der an einem solchen Abend in einer solchen Lokalität solch ein Konzert besucht. Er holt seine Kraft in der stoischen Ruhe und da er sehr viel Kraft braucht - weiß Gott, wofür - ist die Ruhe für ihn ein heiliges Gebild'. Man lauscht den Klängen, man applaudiert brav, wie man es gelernt hat, aber mit der Bewegung, des liegt dem Augschburger jetzt nicht ganz so im Blut. Das überlässt er auch mal gerne den Brasilianern oder wer auch immer sonst sich dafür interessiert. Daher muss man feststellen, dass das gelegentliche Kopfnicken, ich habe sogar einen Einzelnen richtig bangen gesehen, schon als Gefühlsausbruch der besonderen Weise vermerkt werden muss. Man bemerkte es vielleicht nicht, aber die Stimmung in der Bude war ausgezeichnet. Die Luft dick und schal, die Gesellen den Umständen entsprechend lebensfreudig (sie standen, wenigstens die Meisten) und lustig (manche machten sogar fast einen Jux), also alles, was man sich für ein Wirtshaus wünscht. Aber zurück zur Bühne: Cumulo Nimbus schaffte es gut, wenigstens auf der Bühne für Bewegung zu sorgen und gerieten dabei nicht einmal in die Gefahr, sich gegenseitig zu verletzen oder Instrumente zu zerstören. Da ist sicherlich die viele Erfahrung Schuld. Erik der Müllermeister und Mathis Mandjolin dominierten weitgehend das Bild, wie man es von einem Frontmann (Mathis) und einer ersten Gitarre (Erik) erwartet. Schön ist, dass die beiden Frauen das Bild beständig auflockern und wie man es gewohnt ist, gehört den Frauen die Streich- und Holzbläserfraktion. Wenigstens größtenteils. Lady Doro (Geige) und Carolynn (Flöten) geben den Liedern die nötige Melodey, die vom Kaeptän am Bassssss und Pat Houdt am Schlagwerk getragen werden. Routiniert und doch freudig des Ereignisses spielten Cumulo Nimbus ihr Set, hatten auch die bekannten und beliebten Mitsinger "Tyrann", "Wirtshaus" und "Feuerteufel" eingepackt und gestalteten so einen erfreulichen Abend. Am Ende konnte man die Luft schon fast trinken, der Augschburger ging brav heim und ich auch. War ja auch schon spät... Fazit: Ich komme gerne wieder, aber vor einem Augsburger Publikum würde ich wohl eher nicht auftreten wollen. Wobei natürlich so eine stoische Ruhe auch ganz praktisch sein kann.

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